1. Du bist nicht konsequent

Konsequent handeln bedeutet, dass du das, was du von deinem Hund forderst, auch durchsetzt. So gut wie immer. Die Wahrheit ist: Die einen sind konsequenter, die anderen weniger konsequent, aber niemand ist immer konsequent. Jetzt kommt der Trick, wie du trotzdem konsequent sein kannst, zumindest fast immer:

Du verlangst nur diejenigen Dinge von deinem Hund, die du auch durchsetzen KANNST.
Damit du überhaupt konsequent sein kannst, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

 

Timing

Du weißt es, ich weiß es auch, wir allen wissen es. Du musst Verhalten in dem Moment, in dem ein erwünschtes oder unerwünschtes Verhalten auftritt, loben oder strafen, um eine Verhaltensänderung zu erreichen. Damit du überhaupt die Möglichkeit dazu hast, ist es, dass dein Hund in deiner Nähe ist, damit du intervenieren kannst. Konkret: Übe neues Verhalten oder Verhalten, dass noch nicht zu 98% sitzt, immer nur in deinem Nahbereich, sodass du überhaupt eingreifen kannst. Dort erweiterst du erst mal die Schwierigkeit (Ablenkung), und sofern im Nahbereich alles gut klappt, kannst du die Distanz erweitern.

Wenn du keine Konsequenz folgen lassen kannst, weil dein Hund zum Beispiel zu weit weg ist oder nicht durch eine Leine abgesichert ist, dann verlange nichts von ihm.

Außerdem wird bei unerwünschtem Verhalten oft sehr lange gewartet, bis dem Verhalten Grenzen gesetzt werden. Unterbinde unerwünschtes Verhalten so früh wie möglich. Nicht erst, wenn dein Hund schreiend in der Leine hängt, sondern in dem Moment, wenn in seinem Kopf die Idee dafür zustande kommt.

Die Blicke deines Hundes sagen dir, wohin dein Hund gerade denkt. Fang an deinen Hund genau zu beobachten und zu erkennen, wann die Idee für seine zukünftige Handlung auftritt, um dann frühzeitig, bei Beginn des unerwünschtem Verhalten, einzugreifen.

Und beachte bei deinem Timing auch immer die Stimmung deines Hundes. Frage dich:
Welche Stimmung belohne ich da gerade?

 

Achtsamkeit

Dein Hund soll sitzen, während du dich mit jemandem unterhältst, steht aber immer wieder auf? In dieser Situation würdest du wahrscheinlich nicht sofort eingreifen, weil du in das Gespräch vertieft und abgelenkt bist. Verlange von deinem Hund nur etwas, wenn du direkt eingreifen kannst, um Verhalten zu korrigieren. Dafür musst du achtsam und präsent sein, deinen Fokus und ein Auge auf deinem Hund haben.

In dem oben genannten Beispiel würde ich gar kein Sitz verlangen, weil ich es sowieso nicht durchsetzen könnte. Auch ohne Sitz kann dein Hund lernen, dass in dieser Situation nichts spannendes für ihn passiert und er sich entspannen und ruhig verhalten kann. Sitz und Platz werden sowieso gefühlt inflationär eingesetzt, obwohl dahinter meistens die gefragte Kernkompetenz „Entspannen“ steht.

Frage dich einfach bei jeder Aufforderung an deinen Hund, ob es jetzt wirklich notwendig ist, dass er x/y tut und ob du in einer guten Stimmung bist und Zeit hast, um das im Zweifel auszudiskutieren. So kannst du konsequent handeln.

 

2. Du hast die Lerntheorie nicht im Hinterkopf

 

„Was Lob und was Strafe ist, entscheidet immer der Empfänger.“

 

 

Als kleiner Reminder, hier die 4 Quadranten der operanten Konditionierung:

 

 

+
Du fügst etwas hinzu


Du entziehst etwas

Belohnung
(Verhalten wird häufiger gezeigt)

 

Positive Belohnung
(Etwas angenehmes wird hinzugefügt)

Negative Belohnung
(Etwas unangenehmes wird entzogen)

Strafe
(Verhalten wird weniger gezeigt)

Positive Strafe
(Etwas unangenehmes wird hinzugefügt)

Negative Strafe
(Etwas angenehmes wird entzogen)

Nur weil du etwas als unangenehm empfindest, heißt das noch nicht, dass dein Hund das genauso empfindet. Es kann zum Beispiel gut sein, dass du deinen Hund unbewusst für unerwünschtes Verhalten bestätigst.
Mach dir bewusst, dass dein Hund IMMER lernt. Die vier Quadranten musst du immer mitdenken. Wenn dein Hund wie Sau an der Leine zu seinem Hundefreund zieht und du ihn dann ableinst, kommt er zum Erfolg mit seinem Verhalten. Sein Verhalten wird sich verstärken.

Wenn dein Hund nicht immer, sondern nur ab und zu mit seinem Verhalten zum Erfolg kommt, befindest du dich tatsächlich im Bereich der Verstärkung und dein Hund lernt das Verhalten noch nachhaltiger (intermittierende Verstärkung). Bei erwünschtem Verhalten macht das Sinn, bei unerwünschtem Verhalten nicht! Warte lieber, bis er ruhig ist oder leine ihn auch mal gar nicht ab. Wenn dein Hund fiept, weil er gerne aus dem Auto möchte,…usw. Dieses Beispiel lässt sich auch auf ganz viele andere Situationen übertragen.

Mein Tipp: Übe neues oder unzuverlässiges Verhalten erst mal nur, wenn du es NICHT brauchst, mit vollem Fokus auf deinem Hund und mach es nicht zu schwierig, aber auch nicht zu einfach für ihn.

 

 

3. Du bist nicht authentisch

Als hochsoziale Wesen wissen Hunde sehr genau, wie sie ihr Gegenüber einzuschätzen haben und ob derjenige weiß, was er tut oder ob er ein Fähnchen im Wind ist. Und sie wissen, ob jemand ehrlich ist. Bleib du selbst im Umgang mit deinem Hund. Verstell dich nicht, quietsch stimmlich nicht herum – außer das ist deine natürliche Art.

Sei jemand mit Persönlichkeit für dich und für deinen Hund. Dafür musst du dich selbst kennen und wissen, was du magst, was du nicht magst, was du möchtest und was nicht. Höre dabei auf dein Bauchgefühl.

Wenn du selber unsicher bist, welches Verhalten toll, okay, nicht gut oder verboten ist, wirst du deinem Hund dies auch nicht vermitteln können. Wenn du unsicher bist, dann mach dir darüber Gedanken und schreib dir einfach mal auf, welches Verhalten du dir wünscht und welches nicht. Wenn du klar weißt, was du willst und was nicht, und das auch so meinst, wird dein Hund dich verstehen.

 

Ein bekannter Hundetrainer sagte mal:

 

„Wenn die Menschen mit ihren Hunden durch einen vergifteten Wald gehen würden, dann würde jeder Hund hören.“

 

So ist es auch. Wenn dir etwas wirklich wichtig ist, dann bist du klar, und setzt das durch, was du möchtest.

Wenn du in bestimmten Situationen, zum Beispiel bei Hundebegegnungen unsicher bist, dann empfehle ich dir wärmstens, als erstes deine Einstellung und Stimmung dazu zu ändern, denn deine Anspannung wird sich auf deinen Hund übertragen. Dafür kannst du vor dem Spaziergang meditieren oder währenddessen deine Lieblingsmusik hören. Grenze dich vor allem innerlich von dem Problem deines Hundes ab.

 

 

4. Du vermenschlichst deinen Hund

Junghunde sind wie rebellierende Teenager und adulte Hunde sind ernstzunehmende Individuen mit eigenen Interessen, Ideen und Zielen. Wenn du das nicht erkennst, weil du helikoptermäßig mit Herzchen in den Augen um deinen Hund schwirrst, als wäre er der Mittelpunkt der Welt, dann tust du deinem Hund damit nichts Gutes. Auch, wenn es gut gemeint ist. Verhalte dich überwiegend so, dass dein Hund dich auch ernstnehmen kann.

„Aufmerksamkeit erbettelt man sich nicht, man bekommt sie geschenkt.“

Wenn du stets auf alle Wünsche und Bedürfnisse deines Hundes eingehst, dann versuchst du demokratisch mit deinem Hund zusammenzuleben.

Aber: Hunde leben naturgemäß in einer sozialen Hierarchie, in der einzelne Individuen wichtige Entscheidungen treffen und die Verantwortung übernehmen.

Das sorgt in der Gruppe für Struktur und Sicherheit. Nimm deinen Hund und sein Verhalten ernst und lerne, sein Verhalten richtig einzuschätzen. Dafür empfehle ich dir deinen Hund wertfrei zu beobachten, gute Grundlagenliteratur (Buchempfehlung siehe unten) und/oder einen guten Hundetrainer.

Zu viel Vermenschlichung und Aufmerksamkeit, die sich an deinen Hund richtet, führt auch oft dazu, dass Hunde wenig Impulskontrolle lernen.

Very important point. Wenn dein Hund oft aufgeregt oder unruhig ist, dann übe mit deinem Hund an seiner Impulskontrolle. Das bedeutet vor allem, dass er lernt, Frust auszuhalten. Du übst das, in dem er nicht immer alles auf der Welt bekommt, was er gerne hätte. Sei sensibel und aufmerksam für die Ideen deines Hundes und provoziere gerne mal Situationen, in denen er Frust aushalten muss. Fang damit langsam an und mache es nicht zu schwierig für deinen Hund. Wichtig: Lass deinen Hund nur zum Erfolg kommen, wenn er entspannt ist (bedenke die Lerntheorie).

 

5. Du vergisst, dass Erziehung im Alltag passiert

Unsere Hunde haben den ganzen Tag Zeit, um uns zu beobachten und einzuschätzen. Und sie tun es auch! Wenn du zwei Mal am Tag für 10 Minuten mit deinem Hund etwas übst, aber ihr die restlichen 15 Stunden und 40 Minuten ohne Reflexion und Hinterfragen zusammenlebt, dann wird sich wahrscheinlich wenig nachhaltig verändern. Beziehung und Erziehung finden immer statt. Sei achtsam für die kleinen Dinge, die zwischen dir und deinem Hund im Alltag passieren.

6. Deinem Hund fehlen Ruhe & Schlaf

Wenn du einen sehr aufmerksamen Hund hast, der sofort und schnell neue Reize aufsaugt und tendenziell immer „an“ ist, dann solltest du ihm unbedingt Zeiten einräumen, in denen keine Ansprache, Aufmerksamkeit oder Beschäftigung stattfinden. Hunde brauchen für die Verarbeitung des Erlebten ausreichend Ruhe und Schlaf, genau wie wir auch.

Besonders reizoffene Hundetypen neigen dazu, schlecht von allein zur Ruhe zu kommen. Aber auch alle anderen Hunde sollten im Schnitt 18 Stunden Schlaf bekommen. Wenn dein Hund das nicht tut, dann übernimm du das und räume deinem Hund ungestörte Ruhephasen ein. Nicht nur in der Wohnung, sondern sorge auch draußen, zum Beispiel auf Spaziergängen, für Zeiten, in denen einfach mal nichts passiert.

 

7. Dein Hund hat zu wenig Bewegung und/oder (unpassende) Auslastung

Heutzutage ist eher das Gegenteil der Fall, aber: Ja, das kommt auch vor! 3 mal am Tag eine zwanzigminütige Runde an der kurzen Leine mit dem Border ist zu wenig. Sorge dafür, dass dein Hund neben genügend Ruhephasen auch ausreichend Bewegung hat.

Und ja natürlich, gerade Arbeitsrassen benötigen auch auch darüber hinaus Auslastung – finde hier das passende Maß zwischen zu wenig und zu viel – es soll auch faule Malis geben. Guck dir hier wirklich ganz individuell deinen Hund an. Als Faustregel gilt: Mach mit Hunden, die schnell zum Hochfahren neigen, lieber ruhigere Beschäftigungen. Nasenarbeit, aber auch kontrollierte Sozialkontakte sind eine schöne Form der Auslastung für Hunde, die Lust drauf haben.

 

 

Hast du dich oder deinen Hund irgendwo im Text wiedererkannt? Kommentiere gerne den Beitrag oder teile ihn, wenn du ihn wertvoll findest. 🙂

 

 

 

Buchempfehlungen zum Thema Ausdrucksverhalten:
Ausdrucksverhalten: Von Sexöhrchen bis Proleten- was hat sich die Natur dabei gedacht
Von Daria Prelle & Farina Julie-Bredehorst

 und

Ausdrucksverhalten beim Hund
Von Dorit U. Feddersen-Petersen

Allgemeine Buchempfehlung:
Hoffnung auf Freundschaft
Von Michael Grewe

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